Der Privatwald macht 48 % der deutschen Waldfläche aus. Die Hälfte dieser Fläche ist unter 20 ha groß; in dieser Größenordnung finden sich allerdings die meisten Waldbesitzenden. Die Waldbesitzendenstruktur wird durch Entwicklungen, wie beispielsweise Eigentumswechsel durch Vererbung, veränderte Lebensstile und Erwerbssituationen, vielfältiger. Die Folge dieses demographischen Wandels ist eine zunehmende Pluralität in den Zielsetzungen der Waldbesitzenden. Aktuelle Studien belegen, dass die klassischen Instrumente der Forstpolitik eher von Waldbesitzenden mit ökonomischen Zielsetzungen wahrgenommen werden. Ein bedeutender Teil der Waldbesitzenden mit diversen Zielsetzungen wird bisher wenig beachtet. Dazu zählen beispielsweise Frauen, deren Anteil unter den Waldbesitzenden in den letzten Jahren auf 41 % gestiegen ist [1].
Wie Studien aus verschiedenen europäischen Ländern zeigen, ist der Forstsektor ist jedoch noch immer weitgehend männerdominiert und überwiegend mit einem traditionellen Verständnis von Männlichkeit verbunden [2]. Die Dynamik in der Waldbesitzendenstruktur stellt den Sektor jedoch heute mehr denn je vor die Aufgabe, sogenannte neue Waldbesitzendentypen zu integrieren. Dahingehend hat es sich als zielführend erwiesen, bei jeglichen Planungs- und Entscheidungsprozessen die unterschiedlichen Auswirkungen auf Männer und Frauen zu berücksichtigen. Dieses gender mainstreaming ist ein wichtiger Bestandteil der aktuellen Gleichstellungspolitik und hat sich durch die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung auch zu einem zentralen Instrument im Forstsektor entwickelt [2]. Dennoch bleiben heute noch Frauen in forstwirtschaftlichen Organisationen und Diskursen unbeachtet und werden nicht integriert [3]. Der Hauptgrund dafür ist die Repräsentanz manueller Forstarbeit und körperlicher Stärke als Symbole „der Männlichkeit“ [2]. Aufgrund dieser Kopplung zwischen „der Männlichkeit“ und der Arbeit im Wald wird von Frauen weniger erwartet, dass sie sich an forstwirtschaftlichen Arbeiten und Entscheidungen beteiligen, die mit spezifischen Fähigkeiten oder Kenntnissen in der Waldbewirtschaftung verbunden sind [3]. Trotz weitgehender Veränderung der forstwirtschaftlichen Arbeit aufgrund neuer Technologien dominieren Männer immer noch diesen Sektor. Gleichzeitig werden Frauen meist als „besonders“ angesehen und müssen sich für ihre Anwesenheit in der Forstwirtschaft rechtfertigen [3]. Aus diesen Faktoren folgt, dass es Frauen oftmals schwer fällt, sich mit ihrer Rolle als Waldbesitzende und dem Management ihres eigenen Waldes zu identifizieren [2].
Dem Waldeigentum wird neben dem wirtschaftlichen Wert auch eine soziale und kulturelle Bedeutung zugeschrieben [3]. Diese Bedeutungsvielfalt spiegelt sich zunehmend in den Bewirtschaftungspräferenzen von Waldbesitzenden wider. Es stehen nicht nur wirtschaftliche Absichten im Vordergrund, sondern zunehmend auch nicht-monetäre Ziele wie Erholungs- und Umweltwerte [3]. Dahingehend haben Untersuchungen gezeigt, dass sich weibliche und männliche Privatwaldbesitzende in ihrem Bewirtschaftungsverhalten und ihren Interessen deutlich unterscheiden [4]. Frauen messen im Allgemeinen ökologischen und der Erholung dienenden Aspekten ihres Waldbesitzes einen größeren Wert zu, während Männer sich stärker auf die wirtschaftlichen Funktionen konzentrieren [3]. Im produktionsorientierten Kontext neigen Frauen außerdem dazu, seltener zu ernten als Männer. Im Durchschnitt unterscheiden sich die Erntemengen jedoch nicht wesentlich von denen der Männer. Demzufolge üben Männer eher jährlich forstwirtschaftliche Aktivitäten aus als Frauen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Frauen als Eigentümerinnen weniger bereit sind, in ihren Wäldern Eingriffe wie Kahlschläge durchzuführen [3]. Frauen haben als Randgruppe (im forstwirtschaftlichen Kontext) jedoch nur wenig Raum, um ihre Interessen, die teils stark von denen der männlichen Waldbesitzenden abweichen, zu artikulieren [2]. Nicht zuletzt weil der Anteil von Frauen im Privatwald stetig steigt [3, 4], müssen grundlegende Veränderungen in der Forstbranche etabliert werden, um deren Integration zu fördern [5]. Dafür sollten die Kompetenzen, Meinungen, Aktivitäten, und das Engagement von Frauen sichtbarer werden und durch die forstpolitischen Instrumente der Beratung und Betreuung aufgegriffen werden in das Konzert der forstpolitischen Instrumente integriert werden [4].
Die Diversifizierung im Waldbesitz sollte jedoch nicht nur als Aufgabe, sondern auch als Chance verstanden werden; denn Vielfalt bedeutet unterschiedliche Hintergründe und Perspektiven. Verschiedenen Sichtweisen einen Raum zu geben, bedeutet Dynamik zu fördern, statt in etablierten Herangehensweisen zu verharren. Dadurch bietet Diversifizierung der Branche die Chance, sich weiterzuentwickeln und an künftige Erwartungen anzupassen. Somit können auch unterschiedliche Erwartungen an die Leistungen des Waldes besser erfüllt und die Forstwirtschaft zu einem noch bedeutsameren Akteur werden [5].
[1] FEIL, Philine ; NEITZEL, Christoph ; SEINTSCH, Björn ; DIETER, Matthias: Privatwaldeigentümer in Deutschland: Ergeb- nisse einer bundesweiten Telefonbefragung von Personen mit und ohne Waldeigentum. In: Landbauforschung 68 (2019), 3-4, S. 87–130 [2] ANDERSSON, Elias ; LIDESTAV, Gun: Creating alternative spaces and articulating needs: Challenging gendered notions of forestry and forest ownership through women’s networks. In: Forest Policy and Economics 67 (2016), S. 38–44 [3] BERGSTÉN, Sabina ; ANDERSSON, Elias ; KESKITALO, E. Carina H.: Same-same but different: Gendering forest ownership in Sweden. In: Forest Policy and Economics 115 (2020), March, S. 102162 [4] FOLLO, Gro ; LIDESTAV, Gun ; LUDVIG, Alice ; VILKRISTE, Lelde ; HUJALA, Teppo ; KARPPINEN, Heimo ; DIDOLOT, François ; MIZARAITE, Diana: Gender in European forest ownership and management: reflections on women as “New forest owners”. In: Scandinavian Journal of Forest Research 32 (2017), Nr. 2, S. 174–184 [5] BAUBLYTE, G. ; KORHONEN, J. ; D’AMATO, D. ; TOPPINEN, A.: “Being one of the boys”: perspectives from female forest industry leaders on gender diversity and the future of Nordic forest-based bioeconomy. In: Scandinavian Journal of Forest Research 34 (2019), Nr. 6, S. 521–528