Über das Projekt

Divinko – Diversität und Innovation in Kleinprivatwaldorganisationen

Klimatische, gesellschaftliche und politische Veränderungen führen zunehmend zu neuen Herausforderungen im Wald und zu neuen Erwartungen an dessen Besitzende. Um sie in dieser Situation zu unterstützen, bedarf es einer Berücksichtigung aller Waldbesitzenden samt ihren individuellen Werte- und Zielvorstellungen [1].

48 % der deutschen Waldfläche befinden sich in Privatbesitz. Die Hälfte dieser Fläche machen Eigentumsgrößen von unter 20 Hektar aus, welche sich auf den überwiegenden Teil der Waldbesitzenden verteilen. Die Waldbesitzendenstruktur ist dabei keine starre, sondern eine dynamische: verschiedene Ursachen, wie Eigentumswechsel durch Vererbung oder Verkauf, verändern die Strukturen im Privatwaldbesitz. In den vergangenen Jahren lässt sich ein Wandel hin zu mehr Pluralität beobachten. Damit einhergehend ändern sich auch die Vorstellungen zum Umgang mit dem Eigentum. Es werden beispielsweise nicht mehr rein ökonomische, sondern vermehrt auch soziale oder ökologische Ziele im Privatwald verfolgt [3, 4]. 

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen drei wesentliche Charakteristika des aktuellen Kleinprivatwaldbesitzes auf:

  • Die Ansprüche an den Wald sowie die Interessen der Waldbesitzenden sind unterschiedlich und vielfältig.
  • „Neuen“ Waldbesitzenden wird zum Teil große emotionale und/oder räumliche Distanz zum Eigentum nachgesagt. [1, 2]
  • Die Gruppe der Waldbesitzenden ist divers, und nicht alle sind gleichermaßen von Förderangeboten erreicht. [5, 6]

Um gemeinsam den vielfältigen Herausforderungen der Wälder zu begegnen, bedarf es einer Anerkennung der Heterogenität und Diversität aller Waldbesitzenden. Dies ist entscheidend, da sich von ihnen unterschiedliche Wahrnehmungen, Vorstellungen und daraus resultierende Ziele ableiten lassen [2, 5]. Forstpolitische Instrumente sollten dahingehend optimiert werden, die heterogenen Gruppen von Waldbesitzenden zu erreichen und so zu integrieren, dass sie den zukünftigen Ansprüchen an den Wald gerecht werden [1].  Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse (FWZ) als Austauschplattform zwischen Privatwaldbesitzenden, Forst und Politik spielen diesbezüglich eine zentrale Rolle. Daneben sind auch Waldgemeinschaften von Bedeutung, die eine gemeinschaftliche Waldpflege über Besitzgrenzen hinweg ermöglichen.  Diese forstpolitischen Instrumente tragen dazu bei, kollektives Handeln zu fördern. Derzeit sprechen bestehende Angebote lediglich einen Teil der Waldbesitzenden an. So stellen beispielsweise Frauen 41% der Waldbesitzenden dar, weibliche Perspektiven bleiben bislang jedoch eher unbeachtet. Dies wird unter anderem durch den niedrigen Frauenanteil (20%) in FWZ widergespiegelt [4–6]. Auch was den Umgang mit dem Wald betrifft gehen die Vorstellungen weit auseinander: diese reichen vom Erhalt langer Traditionen über ökonomische Prioritäten bis hin zu Naturschutzmotivationen oder Erholungszwecken.

Der Austausch zwischen Waldbesitzenden ist von großer Bedeutung, nicht zuletzt da sich vor allem das Management von sehr kleinen Waldflächen, wie sie im Privatwald häufig vorkommen, äußerst schwierig gestaltet. Schutz-, Nutz- und Erholungsleistungen des Waldes sind auf größeren Maßstäben besser zu erreichen. Daher ist das Zusammendenken kleinerer Einheiten effektiver, um verschiedenen Interessen gerecht zu werden. Obwohl es das Management kleiner Waldflächen vereinfacht, ist derzeit knapp die Hälfte der Privatwaldbesitzenden nicht in entsprechenden Kooperationen organisiert [4]. Angesichts der wachsenden Bedeutung von Wäldern und den steigenden gesellschaftlichen sowie politischen Ansprüchen an diese erscheint die Einbindung möglichst vieler Waldbesitzenden und deren Perspektiven in Kooperationen als zunehmend wichtig. [7]

Im Projekt DivInKo sollen Wege gefunden werden, wie Kooperationen und Zusammenschlüsse die Vielfalt der Waldbesitzenden ansprechen können. Dafür fokussiert es fünf Bundesländer mit unterschiedlichen politisch-administrativen Rahmenbedingungen: Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen Nordrhein-Westfalen.

In einem ersten Forschungsschritt wurden Herausforderungen und Strategien bestehender Kooperationen untersucht, Waldbesitzende mit unterschiedlichen Perspektiven anzusprechen und einzubinden. Hierfür wurden zuerst zehn leitfadengestützte Interviews mit forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen (FWZ) geführt, die sich bereits den oben genannten Herausforderungen widmen. Basierend auf den identifizierten Strategien, Konzepten und Instrumenten dieser Best Practice Beispiele wurde ein quantitativer Fragebogen entwickelt, welcher an 240 forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse in den fünf Bundesländer versendet wurde.

Der Rücklauf von 78 Fragebögen wurde hinsichtlich kooperationsstärkender Bedingungen von FWZs analysiert. Eine detailliertere Darstellung des Forschungsschritts finden Sie hier. Im Kern lassen sich folgende Voraussetzungen herausarbeiten:

  • die Fragmentierung der Waldstücke wird als Handlungsfeld erkannt
  • individuelle Zielgruppen werden direkt angesprochen und gleichermaßen involviert, bspw. weibliche Waldbesitzende oder Waldbesitzende mit nichtwirtschaftlichen Interessen
  • Mitglieder können Entscheidungen an Autoritäten delegieren
  • Digitale Technologien zur Kommunikation werden genutzt (soziale Medien, Messenger etc.)
  • Einbettung in Strukturen der oberen oder unteren Ebene

Im zweiten Forschungsschritt werden nun Backcasting Workshops durchgeführt [8]. Diese dienen den Privatwaldbesitzenden dazu, ihre vielfältigen Erwartungen, Wünsche, Ziele und Bedürfnisse zu identifizieren und gemeinsam Maßnahmen zu deren Erreichung zu entwickeln. Ziel dieses zweiten Schrittes ist es, bislang nicht in FWZ aktiven Waldbesitzenden eine Plattform zu bieten, sich und ihre Ideen einzubringen, um in Zusammenarbeit mit FWZ und weiteren Forstakteuren konkrete Strategien zu entwickeln, die soziale Innovationen ermöglichen.

Die Resultate der Fallstudie sowie der im Backcasting erarbeiteten Ziele und Maßnahmen sollen anschließend auf Bundesebene diskutiert werden. Die erarbeiteten Strategien dienen der Integration neuer Gruppen von Kleinprivatwaldbesitzenden und der innovativen Kooperation im Bereich der Waldbewirtschaftung.
[Weitere Informationen zu den Workshops finden Sie hier]

[1] Schraml, Ulrich (2018) 100 Jahre Kleinprivatwaldforschung in Deutschland. AFZ Wald 73(5): 16-18
[2] Härdter U (2003) Nichtbäuerliche Eigentümer von Privatwald. Eine Untersuchung der „neuen“ Eigentümerstruktur im Kontext gesellschaftlicher Entwicklungstrends. In.-Diss., Freiburg i. Brsg.: Albert-Ludwigs-Universität.
[3] FEIL, Philine ; NEITZEL, Christoph ; SEINTSCH, Björn ; DIETER, Matthias: Privatwaldeigentümer in Deutschland: Ergebnisse einer bundesweiten Telefonbefragung von Personen mit und ohne Waldeigentum. In: Landbauforschung 68 (2019), 3-4, S. 87–130 
[4] FEIL, Philine ; NEITZEL, Christoph ; SEINTSCH, Björn ; DIETER, Matthias: Privatwaldeigentümer und gesellschaftliche Ansprüche. In: AFZ-Der Wald (2018), Nr. 5, S. 24–27 
[5] FOLLO, Gro ; LIDESTAV, Gun ; LUDVIG, Alice ; VILKRISTE, Lelde ; HUJALA, Teppo ; KARPPINEN, Heimo ; DIDOLOT, François ; MIZARAITE, Diana: Gender in European forest ownership and management: reflections on women as “New forest owners”. In: Scandinavian Journal of Forest Research 32 (2017), Nr. 2, S. 174–184 
[6] ENZENBACH, Beatrix ; KRAUSE, Eva ; KIRCHNER, Sabine: Wald ist nicht nur Männersache - Noch werden sie unterschätzt, doch die Zahl der Waldbesitzerinnen wächst. In: LWF aktuell (2008), Nr. 62, S. 2007–2008
 [7] FICKO, Andrej ; LIDESTAV, Gun ; NÍ DHUBHÁIN, Áine ; KARPPINEN, Heimo ; ZIVOJINOVIC, Ivana ; WESTIN, Kerstin: European private forest owner typologies: A review of methods and use. In: Forest Policy and Economics 99 (2019), February 2017, S. 21–31 
[8] SOTIROV, Metodi ; BLUM, Mareike ; STORCH, Sabine ; SELTER, Andy ; SCHRAML, Ulrich: Do forest policy actors learn through forward-thinking? Conflict and cooperation relating to the past, present and futures of sustainable forest management in Germany. In: Forest Policy and Economics 85 (2017), S. 256–268